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Der lichtbedarf der amaryllis

Licht ist die grundlegende Energiequelle für fast alle Pflanzen, und die Amaryllis bildet hier keine Ausnahme. Als Pflanze, die ursprünglich aus sonnenreichen Regionen stammt, hat sie einen ausgesprochen hohen Bedarf an Helligkeit, um die Prozesse der Photosynthese optimal durchführen zu können. Dieser Prozess ist nicht nur für das tägliche Überleben der Pflanze essenziell, sondern insbesondere für die Bildung von Energiereserven, die in der Zwiebel gespeichert werden. Diese Reserven sind die direkte Voraussetzung für die Entwicklung der prachtvollen Blüten. Ein Verständnis für den spezifischen Lichtbedarf in den verschiedenen Lebensphasen der Amaryllis ist daher unerlässlich für eine erfolgreiche Kultivierung und eine jährlich wiederkehrende Blütenpracht.

Der Lichtbedarf ist jedoch nicht während des gesamten Jahreszyklus konstant. Er passt sich den unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Pflanze an, von der Blüte über die Wachstumsphase der Blätter bis hin zur kompletten Dunkelheit während der Ruhephase. Während des Austriebs des Blütenschaftes und der Blüte selbst ist ein sehr heller Standort erforderlich, um einen kräftigen Wuchs und leuchtende Farben zu gewährleisten. Zu wenig Licht in dieser Phase führt zu einem langen, dünnen und instabilen Stiel, der die schweren Blüten kaum tragen kann.

Die wohl wichtigste Phase hinsichtlich des Lichtbedarfs ist die Zeit nach der Blüte. In diesen Monaten, vom Frühling bis in den Spätsommer, bildet die Amaryllis ihre langen, riemenartigen Blätter aus. Diese Blätter fungieren als „Sonnenkollektoren“ der Pflanze. Je mehr Licht sie in dieser Periode erhalten, desto mehr Energie können sie produzieren und in der Zwiebel für die nächste Blütensaison einlagern. Eine Vernachlässigung der Pflanze in einem dunklen Eck nach der Blüte ist der häufigste Grund für ein Ausbleiben der Blüte im Folgejahr.

Im krassen Gegensatz dazu steht die Ruhephase, in der die Amaryllis absolute Dunkelheit bevorzugt. Nachdem die Blätter eingezogen sind, wird die Zwiebel an einem lichtgeschützten Ort gelagert. Licht würde in dieser Phase als Störfaktor wirken und die Pflanze möglicherweise zu einem verfrühten und unerwünschten Austrieb anregen, was den Zweck der Dormanz untergraben würde. Die bewusste Steuerung der Lichtverhältnisse im Einklang mit dem natürlichen Rhythmus der Pflanze ist somit ein zentraler Aspekt ihrer Pflege.

Licht als motor für das wachstum

Die Photosynthese ist der biochemische Prozess, bei dem Pflanzen mithilfe von Lichtenergie, Wasser und Kohlendioxid aus der Luft organische Verbindungen, hauptsächlich Zucker, herstellen. Dieser Zucker dient der Pflanze als primäre Energiequelle für alle Lebensvorgänge, wie das Wachstum von Wurzeln, Blättern und Blüten. Bei der Amaryllis ist dieser Prozess von besonderer Bedeutung, da überschüssige Energie in Form von Stärke in der Zwiebel gespeichert wird. Die Zwiebel ist somit ein Speicherorgan, das die Pflanze während der blütenbildenden Ruhephase und beim Austrieb im Winter versorgt.

Ein Mangel an ausreichendem Licht führt direkt zu einer reduzierten Photosyntheseleistung. Die Pflanze kann nicht genügend Energie produzieren, um kräftig zu wachsen und gleichzeitig Reserven anzulegen. Dies äußert sich oft in sogenannten Geil- oder Vergeilungstrieben. Die Blätter und Stiele wachsen auf der Suche nach Licht sehr schnell in die Länge, bleiben dabei aber dünn, schwach und von einer hellgrünen, fast gelblichen Farbe. Solche Pflanzen sind nicht nur instabil, sondern auch anfälliger für Krankheiten und Schädlinge.

Um die Photosynthese zu maximieren, benötigt die Amaryllis einen Standort, der so hell wie möglich ist. Insbesondere während der Hauptwachstumszeit der Blätter im Sommer ist die Lichtausbeute entscheidend. Ein Südfenster ist ideal, solange die Pflanze vor der aggressiven Mittagssonne geschützt wird, die zu Blattverbrennungen führen kann. Ein leichter Vorhang oder eine Platzierung etwas abseits des Fensters kann hier Abhilfe schaffen. Steht kein ausreichend heller Innenraum zur Verfügung, kann die Pflanze in dieser Zeit auch an einen geschützten, hellen Platz im Freien umziehen.

Die Intensität und Dauer der Lichteinwirkung sind beide wichtig. Lange, helle Tage im Sommer ermöglichen es der Pflanze, ihre Energiespeicher optimal aufzuladen. Die Investition in einen guten Standort während dieser Phase zahlt sich direkt in der Qualität und Üppigkeit der Blüte in der folgenden Saison aus. Eine kräftige, gut ernährte Zwiebel, die einen Sommer lang viel Licht tanken konnte, ist die beste Voraussetzung für mehrere Blütenstiele mit zahlreichen Einzelblüten.

Lichtansprüche während der blütezeit

Wenn die Amaryllis aus der Ruhephase erwacht und der neue Blütenschaft zu wachsen beginnt, ist ein heller Standort von Anfang an entscheidend. Die Pflanze benötigt viel Licht, um einen kurzen, dicken und stabilen Stiel zu entwickeln, der später das Gewicht der riesigen Blüten tragen kann. Steht die Pflanze in dieser Phase zu dunkel, wird der Stiel lang und dünn, da er sich verzweifelt dem spärlichen Licht entgegenstreckt. Dies führt oft dazu, dass der Stiel später unter der Last der Blüten abknickt und gestützt werden muss.

Ein Fensterplatz ist daher für den Austrieb ideal. Ein interessantes Phänomen, das bei einseitigem Lichteinfall zu beobachten ist, ist der sogenannte Phototropismus – die Pflanze wächst direkt auf die Lichtquelle zu. Um zu verhindern, dass der Blütenschaft dadurch krumm und schief wächst, ist es unerlässlich, den Topf alle paar Tage um eine Vierteldrehung zu wenden. Dies gewährleistet ein gleichmäßiges Wachstum von allen Seiten und resultiert in einem perfekt geraden, aufrechten Stiel.

Sobald sich die Knospen öffnen und die Amaryllis in voller Blüte steht, kann eine leichte Anpassung des Standorts die Lebensdauer der Blüten verlängern. Während weiterhin viel Helligkeit für leuchtende Farben sorgt, sollte direkte, intensive Sonneneinstrahlung nun vermieden werden, da sie das Verblühen beschleunigen kann. Ein sehr heller Platz ohne direkte Mittagssonne und bei etwas kühleren Temperaturen um 18-20°C ist jetzt optimal, um die Blütenpracht so lange wie möglich zu genießen.

Auch nach dem Verblühen der Blüten bleibt der Lichtbedarf hoch. Die nun erscheinenden oder bereits gewachsenen Blätter übernehmen die Hauptaufgabe, Energie für das nächste Jahr zu sammeln. Die Pflanze sollte daher weiterhin am hellstmöglichen Ort stehen bleiben. Das Abschieben in eine dunkle Ecke nach der Blüte ist ein fataler Fehler und der sichere Weg, die Blüte im nächsten Jahr zu verhindern. Die Blätter müssen bis zum Beginn der Ruhephase im Herbst so viel Licht wie möglich erhalten.

Anpassung an unterschiedliche lichtverhältnisse

Nicht jeder Pflanzenliebhaber verfügt über ein ideales Südfenster. Dennoch kann die Amaryllis auch an Standorten mit weniger optimalen Lichtverhältnissen kultiviert werden, wenn man einige Anpassungen vornimmt. Ost- oder Westfenster bieten ebenfalls eine gute Lichtausbeute, da sie für mehrere Stunden am Tag direktes, aber nicht zu aggressives Sonnenlicht erhalten. Ein reines Nordfenster ist für die Amaryllis in der Regel zu dunkel, um langfristig gesund zu wachsen und Blüten anzusetzen.

In lichtärmeren Wohnungen oder während der dunklen Wintermonate kann der Einsatz von Pflanzenlampen eine sinnvolle Ergänzung sein. Moderne LED-Pflanzenlampen sind energieeffizient und bieten ein Lichtspektrum, das auf die Bedürfnisse von Pflanzen zugeschnitten ist. Eine tägliche zusätzliche Belichtung von vier bis sechs Stunden kann einen weniger hellen Standort deutlich aufwerten und der Amaryllis helfen, kräftig zu wachsen und Blüten zu bilden. Die Lampe sollte dabei in einem Abstand von etwa 30-50 cm über der Pflanze positioniert werden.

Wenn die Möglichkeit besteht, ist ein „Sommerurlaub“ im Freien die beste Methode, um den Lichtbedarf der Amaryllis zu decken. Ab Ende Mai, wenn keine Fröste mehr zu erwarten sind, kann der Topf an einen hellen, aber vor der prallen Mittagssonne geschützten Platz auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten gestellt werden. Das natürliche, intensive Licht unter freiem Himmel ist durch kein Fensterglas zu ersetzen und fördert ein besonders kräftiges Wachstum der Blätter und der Zwiebel.

Man muss die Pflanze jedoch langsam an die veränderten Bedingungen im Freien gewöhnen. Ein abrupter Wechsel von drinnen nach draußen in die volle Sonne kann zu Sonnenbrand auf den Blättern führen. Daher sollte die Amaryllis zunächst für einige Tage an einem schattigeren Platz stehen, bevor sie an ihren endgültigen, helleren Sommerstandort umzieht. Bevor im Herbst die ersten Fröste drohen, muss die Pflanze dann wieder ins Haus geholt werden, um die Ruhephase einzuleiten.

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