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Der Schnitt und Rückschnitt des Rosmarins

Der regelmäßige Schnitt ist eine der fundamentalsten und wirkungsvollsten Pflegemaßnahmen für den Rosmarin, die weit über die bloße Ernte von Würzzweigen hinausgeht. Ein sachkundiger und gezielter Rückschnitt ist entscheidend, um die Pflanze vital, kompakt und formschön zu halten und ihre Langlebigkeit zu sichern. Ohne diesen Eingriff neigt der Rosmarin dazu, von unten her zu verkahlen, lange, unansehnliche Holztriebe zu bilden und seine buschige Form zu verlieren. Das Verständnis der richtigen Schnitttechniken und -zeitpunkte ermöglicht es, die natürliche Wuchsform zu fördern, die Blütenbildung anzuregen und die Pflanze kontinuierlich zu verjüngen.

Ein Hauptziel des Schnitts ist die Anregung der Verzweigung. Jedes Mal, wenn eine Triebspitze entfernt wird, wird das Wachstum der darunterliegenden, seitlichen Knospen gefördert. Dies führt zu einer dichteren und buschigeren Pflanze mit einer Vielzahl von jungen, aromatischen Trieben. Ein regelmäßiger leichter Schnitt während der gesamten Vegetationsperiode, der im Grunde eine kontinuierliche Ernte darstellt, ist die einfachste Methode, um diesen Effekt zu erzielen. Man erntet also nicht nur für die Küche, sondern pflegt gleichzeitig die Pflanze und hält sie in Form.

Dieser Ernteschnitt sollte sich auf die weichen, krautigen Triebspitzen beschränken. Schneide immer nur so viel ab, wie du frisch benötigst, und setze den Schnitt idealerweise kurz über einem Blattpaar an. Aus den Blattachseln werden dann neue Triebe wachsen. Es ist wichtig, nicht mehr als ein Drittel der gesamten Pflanzenmasse auf einmal zu entfernen, um den Rosmarin nicht zu stark zu schwächen. Diese Methode sorgt für eine stetige Versorgung mit frischen Kräutern und eine dauerhaft kompakte Pflanze.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verhinderung der Verkahlung. Rosmarin neigt dazu, an der Basis zu verholzen, während das neue Wachstum hauptsächlich an den Spitzen der langen Triebe stattfindet. Ohne einen Rückschnitt werden diese Triebe immer länger und kahler, und die Pflanze fällt auseinander. Ein regelmäßiger Schnitt, der auch etwas tiefer in den bereits leicht verholzten Bereich geht, zwingt die Pflanze, auch aus tiefer liegenden Knospen neu auszutreiben und somit von der Basis her dicht zu bleiben.

Der Schnitt dient auch der Entfernung von unerwünschtem Wachstum. Abgestorbene, beschädigte oder kranke Triebe sollten jederzeit entfernt werden, sobald man sie entdeckt. Dies dient nicht nur der Optik, sondern auch der Pflanzengesundheit, da solche Triebe Eintrittspforten für Krankheitserreger sein können. Auch sich kreuzende oder nach innen wachsende Triebe können entfernt werden, um die Struktur der Pflanze zu verbessern und eine gute Luftzirkulation im Inneren zu gewährleisten, was Pilzkrankheiten vorbeugt.

Der richtige Zeitpunkt für den Schnitt

Der richtige Zeitpunkt ist für den Erfolg der Schnittmaßnahmen von entscheidender Bedeutung. Der wichtigste Schnitt des Jahres ist der Formschnitt im Frühjahr. Dieser erfolgt, nachdem die Gefahr starker Fröste vorüber ist, in der Regel im März oder April, und bevor die Pflanze mit ihrem kräftigen Austrieb beginnt. Bei diesem Schnitt können die Triebe um etwa ein Drittel, bei sehr wüchsigen Pflanzen auch bis zur Hälfte, eingekürzt werden. Dies regt einen kräftigen, buschigen Austrieb an und legt die Grundlage für die Form der Pflanze für die gesamte Saison.

Ein weiterer guter Zeitpunkt für einen leichten Rückschnitt ist direkt nach der Blüte im Sommer. Dabei werden die verblühten Triebe entfernt, was die Pflanze ordentlich aussehen lässt und sie daran hindert, unnötig Energie in die Samenbildung zu stecken. Stattdessen kann sie ihre Kraft in neues vegetatives Wachstum investieren. Dieser Schnitt fördert oft eine zweite, wenn auch schwächere Blüte später in der Saison und hält die Pflanze kompakt.

Während der gesamten Wachstumsperiode von Frühling bis Spätsommer kann, wie bereits erwähnt, kontinuierlich für den Küchenbedarf geerntet werden. Dieser leichte Schnitt schadet der Pflanze nicht, sondern fördert im Gegenteil ihre Verzweigung. Man sollte jedoch darauf achten, die Ernte gleichmäßig über die gesamte Pflanze zu verteilen, um ein einseitiges Wachstum zu vermeiden.

Der letzte größere Schnitt sollte nicht später als Anfang bis Mitte August erfolgen. Ein späterer Schnitt würde die Pflanze zur Bildung neuer, weicher Triebe anregen, die vor dem Winter nicht mehr ausreichend ausreifen und verholzen können. Diese Triebe wären dem Frost schutzlos ausgeliefert und würden erfrieren, was die Pflanze schwächen und ihre Winterhärte beeinträchtigen würde. Nach August sollten daher nur noch kleine Mengen für den direkten Verbrauch geerntet werden.

Die Schnitttechnik

Die goldene Regel beim Rosmarinschnitt lautet: Niemals bis ins alte, blattlose Holz schneiden. Rosmarin hat nur wenige „schlafende Augen“ im alten Holz und treibt aus diesen Bereichen nur sehr schwer oder gar nicht mehr aus. Ein radikaler Rückschnitt in den kahlen, verholzten Teil der Pflanze führt oft zu dauerhaften kahlen Stellen oder kann sogar die gesamte Pflanze abtöten. Der Schnitt sollte daher immer im belaubten, grünen oder maximal im leicht verholzten Bereich des Triebes erfolgen, wo noch Nadeln vorhanden sind.

Verwende für den Schnitt immer ein sauberes und scharfes Werkzeug, wie eine Gartenschere oder ein scharfes Messer. Stumpfes Werkzeug quetscht die Triebe, anstatt sie sauber zu schneiden, was zu ausgefransten Wunden führt, die langsamer heilen und anfälliger für Krankheiten sind. Eine Desinfektion der Schneidwerkzeuge vor dem Gebrauch, beispielsweise mit Alkohol, ist ebenfalls eine gute Praxis, um die Übertragung von Krankheitserregern zwischen den Pflanzen zu verhindern.

Setze den Schnitt immer leicht schräg und knapp über einem Nadelbüschel oder einem nach außen weisenden Seitentrieb an. Dies fördert das Wachstum in die gewünschte Richtung und sorgt für eine ansprechende Wuchsform. Ein schräger Schnitt lässt zudem das Wasser besser ablaufen, was die Gefahr von Fäulnis an der Schnittstelle reduziert.

Bei einem Verjüngungsschnitt für eine bereits ältere, leicht verkahlte Pflanze sollte man schrittweise über zwei bis drei Jahre vorgehen. Kürze jedes Jahr etwa ein Drittel der ältesten und längsten Triebe stärker ein, aber immer nur bis zu einem Punkt, an dem noch ein kleiner grüner Seitentrieb vorhanden ist. Dies regt die Pflanze an, aus der Basis heraus neue Triebe zu bilden, ohne sie durch einen zu radikalen Eingriff zu überfordern. Auf diese Weise kann eine ältere Pflanze schrittweise erneuert und verjüngt werden.

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