Schnitt und rückschnitt der edelpelargonie

Der gezielte Schnitt ist eine der wichtigsten Kulturmaßnahmen, um Edelpelargonien zu kompakten, buschigen und überreich blühenden Pflanzen heranzuziehen. Ohne regelmäßigen Rückschnitt neigen diese Pflanzen dazu, lange, kahle Triebe zu entwickeln und ihre Blühkraft lässt nach. Der Schnitt ist somit kein brutaler Akt, sondern eine kunstvolle Formung, die das Wachstum lenkt, die Pflanze verjüngt und die Bildung zahlreicher neuer Blütentriebe anregt. Das Wissen um den richtigen Zeitpunkt, die passende Technik und die unterschiedlichen Ziele der verschiedenen Schnittmaßnahmen ist entscheidend für den langfristigen Erfolg. Ein gut durchgeführter Schnitt verwandelt eine spärliche Pflanze in ein wahres Blütenwunder und ist ein Zeichen fachkundiger gärtnerischer Pflege.
Der Schnitt dient mehreren Zwecken gleichzeitig. Zum einen formt er die Pflanze und verhindert ein Verkahlen von unten. Durch das Einkürzen der Haupttriebe wird die Pflanze dazu angeregt, aus den schlafenden Augen in den unteren Blattachseln neue Seitentriebe zu bilden. Dies führt zu einer dichteren Verzweigung und einer buschigeren, attraktiveren Wuchsform. Jeder neue Trieb hat das Potenzial, ebenfalls Blüten zu tragen, sodass ein guter Schnitt die Anzahl der Blütenstände vervielfacht.
Zum anderen dient der Schnitt der Gesunderhaltung und Verjüngung. Durch das Entfernen von altem, krankem oder nach innen wachsendem Holz wird die Pflanze ausgelichtet. Dies verbessert die Luftzirkulation im Inneren der Pflanze, was Pilzkrankheiten vorbeugt. Ein Verjüngungsschnitt bei älteren Exemplaren regt die Bildung von kräftigen neuen Basistrieben an und erhält so die Vitalität der Pflanze über viele Jahre. Das Schnittgut kann zudem oft hervorragend zur Vermehrung durch Stecklinge verwendet werden.
Es ist wichtig, für alle Schnittmaßnahmen stets scharfes und sauberes Werkzeug zu verwenden. Eine scharfe Gartenschere oder ein Messer erzeugt glatte Schnittwunden, die schnell verheilen und das Eindringen von Krankheitserregern erschweren. Eine stumpfe Schere hingegen quetscht die Triebe und führt zu ausgefransten Wunden, die anfälliger für Infektionen sind. Vor dem Gebrauch, insbesondere beim Wechsel von einer Pflanze zur nächsten, sollte das Werkzeug mit Alkohol oder Spiritus desinfiziert werden, um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern.
Grundlagen des schnitts
Die grundlegende Technik beim Schnitt von Edelpelargonien besteht darin, den Trieb immer kurz über einem nach außen weisenden Auge oder Blattknoten zu schneiden. Ein Auge ist eine kleine Knospe in der Blattachsel, aus der ein neuer Trieb wachsen kann. Indem man über einem nach außen gerichteten Auge schneidet, lenkt man das Wachstum des neuen Triebes nach außen. Dies öffnet die Krone der Pflanze, sorgt für eine bessere Belichtung und Belüftung und verhindert, dass sich die Triebe im Inneren der Pflanze gegenseitig behindern.
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Der Schnitt sollte leicht schräg ausgeführt werden, sodass die Schnittfläche vom Auge weg geneigt ist. Dies ermöglicht es, dass Wasser von der Schnittwunde ablaufen kann und sich nicht darauf sammelt, was das Risiko von Fäulnis verringert. Der Abstand zum Auge sollte weder zu groß noch zu klein sein; etwa fünf Millimeter sind ideal. Ein zu langer Stummel über dem Auge kann eintrocknen und zu einem Einfallstor für Krankheiten werden, während ein zu knapper Schnitt das Auge beschädigen kann.
Neben dem Formschnitt gibt es auch den sogenannten Erhaltungsschnitt, der während der gesamten Wachstumsperiode durchgeführt wird. Dazu gehört vor allem das regelmäßige Ausputzen von Verblühtem. Welke Blütenstände sollten mitsamt ihrem Stiel bis zum Ansatz am Haupttrieb entfernt werden. Dies sieht nicht nur schöner aus, sondern verhindert auch, dass die Pflanze unnötig Energie in die Samenbildung steckt, und fördert stattdessen die Bildung neuer Blütenknospen, was die Blütezeit erheblich verlängert.
Auch das Entfernen von gelben, kranken oder beschädigten Blättern ist Teil des Erhaltungsschnitts. Dies dient der allgemeinen Hygiene und beugt der Ausbreitung von Krankheiten vor. Ebenso sollten sehr schwache oder sich kreuzende Triebe, die kein Licht bekommen, entfernt werden. Diese „kosmetischen“ Eingriffe tragen maßgeblich zur Gesundheit und zum gepflegten Erscheinungsbild der Pflanze bei und sollten zur wöchentlichen Pflegeroutine gehören.
Der richtige zeitpunkt für den rückschnitt
Der Zeitpunkt des Schnitts ist entscheidend für dessen Wirkung und den Erfolg. Es gibt zwei Hauptzeitpunkte für einen stärkeren Rückschnitt bei Edelpelargonien: der Herbst vor der Überwinterung und das zeitige Frühjahr vor dem Neuaustrieb. Beide Zeitpunkte haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Ein leichter Rückschnitt im Herbst dient vor allem dazu, die Pflanze platzsparender für das Winterquartier zu machen und die Verdunstungsfläche zu reduzieren.
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Ein Herbstschnitt sollte jedoch nur moderat ausfallen. Die Triebe werden etwa um ein Drittel eingekürzt. Ein zu radikaler Schnitt im Herbst kann die Pflanze schwächen, da sie weniger Blattmasse für die Photosynthese während der Überwinterung hat. Der Hauptvorteil ist, dass die kompaktere Pflanze weniger anfällig für mechanische Beschädigungen und Krankheiten im engen Winterquartier ist. Das anfallende Schnittgut kann zudem für die Herbstvermehrung durch Stecklinge genutzt werden.
Der wichtigste und effektivste Rückschnitt ist jedoch der Frühjahrsschnitt, der etwa Ende Februar oder Anfang März durchgeführt wird, wenn die Pflanze aus der Winterruhe erwacht. Zu diesem Zeitpunkt kann ein kräftiger Rückschnitt erfolgen, bei dem alle Triebe auf etwa zwei bis vier Augen zurückgeschnitten werden. Dieser radikale Schnitt mag zunächst brutal erscheinen, ist aber der stärkste Impuls für einen kräftigen, buschigen Neuaustrieb aus der Basis. Die Pflanze hat die gesamte Wachstumsperiode vor sich, um sich zu entwickeln und Blüten anzusetzen.
Der Frühjahrsschnitt wird idealerweise mit dem Umtopfen der Pflanze kombiniert. Nachdem die Pflanze zurückgeschnitten wurde, wird sie aus dem alten Topf genommen, der Wurzelballen wird leicht gelockert und in frisches Substrat gesetzt. Diese Kombination aus ober- und unterirdischem Neuanfang gibt der Pflanze den bestmöglichen Start in die neue Saison. Der Neuaustrieb nach einem solchen Frühjahrsschnitt ist besonders kräftig und führt zu einer Fülle von Blüten.
Techniken für einen gesunden wuchs
Eine wichtige Schnitttechnik zur Förderung eines buschigen Wuchses, insbesondere bei jungen Pflanzen, ist das Pinzieren oder Entspitzen. Sobald ein junger Trieb etwa vier bis fünf Blattpaare entwickelt hat, wird die oberste Triebspitze mit den Fingernägeln oder einer kleinen Schere entfernt. Dieser Eingriff stoppt das Längenwachstum dieses Triebes und regt die darunterliegenden Seitenknospen zum Austreiben an. Anstelle eines langen Triebes entwickeln sich nun zwei oder mehr Seitentriebe.
Dieser Vorgang kann während der frühen Wachstumsphase mehrmals wiederholt werden, um eine maximale Verzweigung zu erreichen. Jeder neu gebildete Seitentrieb kann nach der Entwicklung von einigen Blattpaaren ebenfalls pinziert werden. Diese Technik verzögert zwar die erste Blüte um einige Wochen, da die Blütenknospen meist an den Triebspitzen gebildet werden, das Ergebnis ist jedoch eine deutlich kompaktere, stabilere und letztendlich viel blütenreichere Pflanze, was die Wartezeit mehr als rechtfertigt.
Bei älteren, von unten verkahlten Edelpelargonien kann ein radikaler Verjüngungsschnitt notwendig sein. Dieser wird am besten ebenfalls im zeitigen Frühjahr durchgeführt. Dabei werden alle verholzten, alten Triebe bis tief in das alte Holz zurückgeschnitten, oft bleiben nur kurze Stummel von 5-10 cm Länge stehen. Aus den schlafenden Augen an der Basis treibt die Pflanze dann wieder kräftig und von Grund auf neu aus. Ein solcher Schnitt sollte nur bei ansonsten gesunden und kräftigen Pflanzen vorgenommen werden.
Nach jedem stärkeren Rückschnitt benötigt die Pflanze eine angepasste Pflege. Da sie vorübergehend weniger oder gar keine Blätter hat, ist auch ihr Wasserbedarf deutlich reduziert. Die Wassergaben müssen entsprechend angepasst werden, um Wurzelfäulnis zu vermeiden. Erst wenn der Neuaustrieb deutlich sichtbar ist und sich neue Blätter entfalten, wird die Wasser- und später auch die Düngerzufuhr wieder langsam gesteigert. Der Standort sollte nach dem Schnitt sehr hell sein, um einen kräftigen Austrieb zu fördern.
📷Velq1958, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons